Pflegekräfte dringend gesucht

Schon seit Jahren schlimm - und es geht noch schlimmer: Pflegenotstand verschärft sich noch

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Bis 2035 fehlen in Deutschland 307.000 Pflegekräfte im stationären Bereich. Für die Pflege insgesamt geht das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln bis dahin von einer knappen halben Million unbesetzten Stellen aus! Schon jetzt ist der Fachkräftemangel nirgendwo so krass, wie in der Pflege. Mehr als 50.000 Pflegekräfte fehlten im Dezember allein in deutschen Krankenhäusern – da war Corona noch weit weg. In der RADIO RST-Region dauert es fast doppelt so lange, bis eine freie Stelle besetzt ist, wie in allen anderen Berufen, heißt es bei der Arbeitsagentur Rheine. Auf hundert freie Stellen kommen 66 Bewerber.

Pflegenotstand verschärft sich noch

Die ganze Dimension zeigt ein Blick auf die Landesebene: Nach Zahlen des NRW-Gesundheitsministeriums fehlten schon vor zwei Jahren in den 345 Krankenhäusern und gut 2.800 Altenpflege-Einrichtungen allein in unserem Bundesland gut 10.000 Vollzeitkräfte – im Verhältnis knapp 6.000 Krankenpfleger und Kinderkrankenpfleger und gut 4.000 in der Altenpflege. Hilft es da, eine „generalistische“ Ausbildung anzubieten – also alle in der Pflege alles machen zu lassen - damit der Pflegeberuf attraktiver wird?

Der Arbeitsmarkt allein schafft den Ausgleich nicht

Corona hat die Situation in der Pflege nochmal verschärft. Viele Krankenhäuser, Altenpflegedienste und Seniorenheime hatten auf die zusätzlichen Pflegekräfte gehofft, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Ausland anwirbt. Doch daraus wird erstmal nichts. Ohne Einreise-Genehmigung keine ausländischen Pflegekräfte. Dazu kommt die Bürokratie beim Anerkennen ausländischer Abschlüsse. Und dann sind da noch die Sprachbarrieren. Die sind auch nicht mal eben mit einem sechsmonatigen Sprachkurs weg. Für Reinhard Greß von der Arbeitsagentur Rheine steht fest: Unser Arbeitsmarkt stopft die Löcher aus eigener Kraft nicht mehr.

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Die Zahl der offenen Stellen im Kreis Steinfurt hat sich innerhalb eines Jahres auf 110 fast verdoppelt. Vor allem Fachkräfte mit Examen fehlen. Und das, obwohl so gut wie jeder Arbeitgeber ausbildet, was das Zeug hält. Die Mathias Stiftung mit ihren Krankenhäusern u.a. in Rheine und Ibbenbüren hat in den letzten fünf Jahren ihre Ausbildungsplätze auf 350 mehr als verdoppelt – auch in den Altenpflegeeinrichtungen u.a. in Mesum, Ochtrup und Neuenkirchen - und kommt noch gut klar, genau wie die Caritas in Rheine. Wie lange das noch ohne angeworbene Kräfte aus dem Ausland geht – wer weiß das schon.

Jeder Sechste hier bei uns arbeitet in der Pflege

Jeder Sechste hier bei uns arbeitet in der Pflege, entweder stationär im Krankenhaus, in der ambulanten Altenpflege oder einer der Senioren-Einrichtungen. Eine Riesen-Zahl – und trotzdem reicht es nicht, weil gleichzeitig immer mehr Menschen auf Pflege angewiesen sind und in vielen Häusern seit Jahren der Sparzwang regiert. Pflegekräfte dringend gesucht – und es kommt kaum was nach. Das sagt auch Klaus Jäger von der Caritas Rheine. Allein in der Altenpflege fehlen nach Prognosen der Deutschen Krankenhausgesellschaft 2030 gut 40% in der Häuslichen Pflege und gut 20% in der Stationären Pflege.

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Corona hat nochmal deutlich gemacht, wie wichtig die vielen Menschen in den Pflegeberufen sind, egal, ob im Krankenhaus, in der stationären Pflege oder bei den vielen Ambulanten Altenpflegediensten. Die meisten arbeiten seit Jahren am Anschlag, denn sie sind viel zu wenige für die ganze Arbeit. Jetzt, wo Spahns Anwerbe-Initiative durch die Einreisebeschränkungen stockt, wird der Druck wird immer größer, sagt Jäger. Noch kommt die Caritas mit dem vorhandenen Personal aus…

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Klaus Jäger beobachtet das seit vielen Jahren mit wachsender Sorge. Er hofft, dass die neue generalistische Ausbildung den Pflege-Beruf attraktiver macht. Trotzdem wird es für ihn ohne angeworbenes Personal aus dem Ausland nicht mehr gehen. Schon seit Jahren hat mehr als jede vierte Pflegekraft bei der Caritas einen Migrationshintergrund. Manche Auszubildenden kommen aus Madagaskar.

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Klatschen vom Balkon reicht eben nicht. Wer dann auch noch vollmundig einen Bonus für Alle in der Pflege ankündigt, um die Krankenpfleger später doch in die Röhre gucken zu lassen, braucht sich nicht wundern, wenn sich keiner um den Job reißt.

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