Missbrauchsfall von Münster

Behörden sahen keine Gefahr für Opfer

© Polizei Münster

Im Missbrauchsfall von Münster hatten die Behörden jahrerlang Kontakt zur Mutter eines der Opfer. Die Frau war die Freundin eines der Hauptverdächtigen und der Sozialdienst wusste, dass der 27-Jährige wegen Kinderpornografie zweifach vorbestraft ist. Trotzdem schützte niemand das heute zehnjährige Opfer.

Hilfe vom Jugendamt abgelehnt

Die Mutter hatte die Hilfe vom Jugendamt immer abgelehnt. NRW-Familienminister Joachim Stamp berichtete heute im Landtag über die zahllosen Gespräche und Kontakte des Kommunalen Sozialdienstes (KSD) mit der Frau seit 2016. Sie habe immer versichert, sie lebe nicht mit dem Mann zusammen und ihr Kind sei sicher.

Stamp: „Müssen mehr für Früherkennung von Missbrauch tun“

Im Oktober 2015 sei sogar einvernehmlich beschlossen worden, keine gerichtlichen Maßnahmen zum Schutz des Kindes einzuleiten, sagt Stamp. Die Behörden stützten ihre Entscheidung auf ein Gutachten aus dem ersten Strafverfahren. Darin heißt es, der Mann sei therapiefähig. Es gebe keine Hinweise, dass er seinen pädosexuellen Neigungen in die Tat umsetzen würde – eine Einschätzung, der der Sozialdienst folgte.

Auch beim zweiten Strafverfahren passierte nichts

Auch als im August 2016 die Staatsanwaltschaft die Behörden über ein zweites Strafverfahren informierte, sah man in der Kinderschutzambulanz Münster keine ausreichenden Fakten für eine Gefährdung des Kindes. Das wäre die Handhabe gewesen, der Mutter das Sorgerecht zu entziehen. Man war in ständigem Kontakt mit ihr – sie blockte ab. Selbst, als er heute 27-Jährige verurteilt wurde, hieß es, er lebe ja nicht mit ihr zusammen und sei auch in Therapie.

Nur die Spitze des Eisbergs

In dem Kindesmissbrauchsfall gibt es inzwischen 18 Verdächtige, sieben sitzen in Untersuchungshaft. Bis jetzt wissen die Ermittler von sechs Opfern. Vermutlich ist das erst der Anfang: Es gibt ungeheure Mengen von Bildern. Behörden, Gerichte und Sozialeinrichtungen wissen nicht genug über Täterstrategien und Symptome bei Kindern, sagt Minister Stamp.

Landesregierung rüstet auf

Nach den Sommerferien nehme die Landesfachstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche die Arbeit auf. Die Fachberatung bei Jugendämtern werde gestärkt. Präventionsarbeit sei mindestens ebenso wichtig wie Strafverschärfungen bei Kindesmissbrauch.

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