Neue EU-Regeln: Härtere Strafen gegen Verkehrssünder

Illustration - Führerschein
© Sina Schuldt/dpa

Fahrverbote

Brüssel (dpa) - Das Europaparlament stimmt heute endgültig über neue EU-Führerscheinvorgaben ab. Unterhändler des Parlaments und der EU-Staaten hatten sich bereits auf die Vorgaben geeinigt, nun folgt die letzte formelle Abstimmung. Die EU-Staaten haben drei Jahre für die Umsetzung in nationales Recht und ein weiteres Jahr für die Vorbereitung der Umsetzung. Was sich ändert:

Digitaler Führerschein

Bis spätestens 2030 soll ein einheitlicher digitaler Führerschein eingeführt werden. «In Zukunft wird es in allen EU-Staaten einen digitalen Führerschein geben, der über das Smartphone abrufbar ist und in der gesamten EU gilt», heißt es vonseiten des EU-Parlaments. Gleichzeitig behalten Bürger das Recht, eine physische Führerscheinkarte zu beantragen. Beide Versionen sind gleichwertig.

Grenzübergreifende Fahrverbote

Bei massiven Verstößen gegen Verkehrsregeln in einem EU-Land kann ein Fahrverbot in der ganzen Europäischen Union drohen. Das soll sicherstellen, dass Verkehrssünder künftig in allen Mitgliedstaaten zur Verantwortung gezogen werden – unabhängig davon, wo sie den Führerschein erworben haben. Das gilt etwa für schwere Verkehrsverstöße wie Trunkenheit und Drogenkonsum im Straßenverkehr, tödliche Unfälle oder extremes Rasen.

Nach geltendem Recht dürfen EU-Länder, die den Führerschein nicht ausgestellt haben, Fahrverbote nur im eigenen Hoheitsgebiet durchsetzen. Nun kann der Staat, in dem der Verstoß stattgefunden hat, den Ausstellungsstaat darüber informieren, der dann wiederum das verhängte Fahrverbot übernehmen und EU-weit durchsetzen können soll. «Praxisrelevant wird dies allerdings erst, wenn die Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt wurde», betont der ADAC.

Begleitetes Fahren auch in anderen Ländern

Ein weiteres Element der EU-weiten Reform ist die Ausweitung des begleiteten Fahrens auf die gesamte Europäische Union. Junge Fahrer sollen so bereits früher unter Aufsicht Fahrpraxis sammeln können - in Deutschland gibt es das schon, dann sind laut ADAC aber auch Urlaubsfahrten möglich. Auch für Berufskraftfahrer soll dieses Modell freiwillig angeboten werden können, um die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen und dem Fachkräftemangel im Verkehrssektor entgegenzuwirken.

Jüngere Lkw- und Busfahrer

Noch eine Maßnahme gegen Fachkräftemangel: Das Mindestalter für den Lkw-Führerschein wird von 21 auf 18 Jahre gesenkt. Ähnliches passiert bei Busfahrern: Hier wird das Mindestalter von 24 auf 21 Jahre gesenkt.

Mehr Fokus auf Sicherheit in Fahrschulen

Auch der Unterricht für künftige Fahrerinnen und Fahrer wird angegangen. Künftig sollen Themen wie Ablenkung durch Handynutzung, tote Winkel und Fahrassistenzsysteme stärker Thema werden. Auch der Umgang mit Fußgängern, Kindern und Radfahrenden soll stärker berücksichtigt werden.

Training reicht für Wohnmobile bis 4,25 Tonnen

Zudem gibt es Erleichterungen für Wohnmobilfahrer. Künftig dürfen Inhaber eines Führerscheins der Klasse B Fahrzeuge bis zu 4,25 Tonnen nach einem speziellen Training oder einer Prüfung steuern. «Ob für Wohnmobile eine Zusatzschulung oder auch eine Prüfung dafür nötig sein wird, legt jedes Land selbst fest», teilte der ADAC auf Anfrage mit.

Keine verpflichtenden Medizin-Checks 

Anders als zwischenzeitlich diskutiert, wird es keine Pflicht für Gesundheitsuntersuchungen ab einem bestimmten Alter geben. Die EU-Staaten können für Auto- und Motorradführerscheine selbst entscheiden, ob sie ein ärztliches Gutachten oder ein Selbstbewertungsformular verlangen. «Für Deutschland dürfte sich hier zunächst wenig ändern», so die Einschätzung des ADAC.

Zwischenzeitlich waren neben Gesundheitschecks auch eine Sonderkategorie an Führerscheinen für schwere Autos wie SUVs oder die Möglichkeit von Nachtfahrverboten für junge Autofahrerinnen und -fahrer im Gespräch. Keine dieser Ideen konnte sich aber durchsetzen. Auch die vorgeschlagene Regel, dass Führerscheine von Menschen über 70 alle fünf Jahre erneuert werden sollten, kommt vorerst nicht.

EU-Ziel: Weniger Verkehrstote bis 2030

Die Reform ist Teil des europäischen Verkehrssicherheitspakets, mit dem die EU ihr Ziel der «Vision Zero» verfolgt – keine Verkehrstoten und Schwerverletzten mehr bis 2050. Nach dem 2018 gefassten Ziel soll die Zahl der Verkehrstoten bis 2030 halbiert werden im Vergleich zu 2019 - davon ist die EU derzeit aber noch weit entfernt. In den vergangenen fünf Jahren sank die Zahl der Verkehrstoten nur um rund zwölf Prozent.

Nach jüngsten Angaben der EU-Kommission gab es 2024 EU-weit 19.940 Tote bei Straßenverkehrsunfällen. Das entspreche einem Rückgang im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent. Gemessen an der Bevölkerungszahl sind die Straßen in Schweden (20 Todesfälle pro Million Einwohner) und Dänemark (24 Tote pro Million Einwohner) am sichersten. Deutschland liegt mit 33 Toten pro einer Million Einwohner deutlich unter dem EU-Schnitt von 45.

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