Immer mehr Schottergärten in der Region

Schottergärten sind auch in der RADIO RST-Region ein Trend. Umweltschützer kritisieren, dass sie kaum Lebensraum für Tiere und Pflanzen bieten. In vielen Orten beschäftigen sich inzwischen Politik und Verwaltung mit dem Thema.

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Jede Menge weißer Schotter, dazwischen einzelne Lebensbäume. So sehen immer mehr Vorgärten in der RADIO RST-Region aus. "Wer so seinen Garten anlegt, verspricht sich davon vor allem, dass er pflegeleicht ist", sagt Willi Peters, Kämmerer der Stadt Hörstel. Sind in einer Familie beide Elternteile berufstätig, bleibe oft nicht viel Zeit für den Garten. Auch für Ältere, die die Gartenarbeit nicht mehr schaffen, scheinen Schottergärten attraktiv, so Peters. Die Stadt Hörstel hat sich in den letzten Monaten gezwungenermaßen mit dem Thema auseinandergesetzt. Ein Aktivist aus Berlin verlieh Hörstel im Januar den Satire-Preis "Terror Gardening Award". Auf der Facebookseite "Gärten des Grauens" hatten User besonders viele Bilder von Schottergärten aus Hörstel hochgeladen. Peters glaubt an einen Zufall. In den umliegenden Orten gebe es mindestens genau so viele steinerne Vorgärten. Trotzdem sieht die Stadtverwaltung die Schottergärten kritisch: "Für Insekten, andere Tiere und Pflanzen sind diese Gärten schlecht," so Peters.

"Kalt, steril und ökologisch wertlos"

Auch Umweltverbände wie der Naturschutzbund Deutschland (NABU) kritisieren, dass in den Schottergärten kaum etwas wächst. Häufig liegt unter den Steinen Folie, damit kein Unkraut durchkommt. Dadurch sei der Boden versiegelt, Insekten sterben. In der Folge finden auch andere Tiere wie Vögel dort keine Nahrung mehr. Die Flächen seien "ökologisch wertlos" und wirkten "kalt und steril", heißt es in einem gemeinsamen Infoblatt des Landesamtes für Natur und Umwelt (LANUV) und der vier großen Naturschutzverbände in NRW. Die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren dort nehme ab. Dabei beklagen Umweltschützer und Wissenschaftler schon länger ein Insekten- und Artensterben in den letzten Jahrzehnten in Deutschland.

Schottergärten bieten kaum Lebensraum für Tiere und Pflanzen© pxhere.com
Schottergärten bieten kaum Lebensraum für Tiere und Pflanzen
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Städte und Gemeinden reagieren

Die Steingärten sehen auch einige Politiker und Stadt- und Gemeindeverwaltungen in der RADIO RST-Region kritisch. "Schottergärten sind mir ein Dorn im Auge", sagt Detlef Gerdts, Leiter des Fachbereichs Umwelt der Stadt Osnabrück. Gerade weil sich die Stadt für die Artenvielfalt einsetzt, zum Beispiel mit Blühstreifen als Lebensraum für Insekten. "Viele Hausbesitzer wissen wohl nicht, dass diese Gärten der Umwelt schaden", so Gerdts. Der Rat in Osnabrück berät auf Antrag der Grünen-Fraktion in der kommenden Woche über die Schottergärten. Auch in Tecklenburg und Greven steht das demnächst auf der Tagesordnung. Die Stadt Ibbenbüren prüft zurzeit, ob sie für neue Baugebiete begrünte Vorgärten vorschreibt. Das käme einem Verbot gleich. In Steinfurt hat die Stadtverwaltung kürzlich auf Anfrage aus der Politik mitgeteilt, dass es dort entsprechende Vorschriften schon seit rund 20 Jahren gibt. Die Stadt Nordhorn regelt die Vorgartengestaltung seit einem halben Jahr über die Bebauungspläne für neue Wohngebiete. Demnach sind Hausbesitzer verpflichtet, grüne Gärten anzulegen. Als Verbot möchte Jens Sarnow von der Stadt das nicht bezeichnen. "Wir gehen nicht über das hinaus, was die Bauordnung des Landes Niedersachsen vorschreibt", so Sarnow.

Verbote nur mit mehr Personal durchsetzbar

Emsdetten und Hörstel dagegen setzen darauf, als Städte gute Vorbilder zu sein, mit öffentlichen Blühstreifen und anderen Projekten für die Artenvielfalt. Auch Hörstels Kämerer Willi Peters steht einem Verbot skeptisch gegenüber: "Eine Vorschrift nützt nur, wenn dann auch genau kontrolliert wird." Und dafür fehle gerade in kleineren Kommunen häufig das Personal.

Grüne Gärten sind Lebensraum für viele Insektenarten©
Grüne Gärten sind Lebensraum für viele Insektenarten
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"Auch Schotterbeete machen Arbeit."

Umweltschutzverbände wie NABU und BUND weisen darauf hin, dass die Schottergärten nicht unbedingt pflegeleichter seien als grüne Vorgärten. Mit der Zeit sammeln sich Pollen, Blätter und Blüten in den Ritzen. Sie verrotten und bilden eine Humusschicht, auf der Wildkräuter wachsen, heißt es in dem Infoblatt des LANUV und der Umweltverbände. Das Unkrautzupfen zwischen den Steinen sei mühsam. Werde es mit Hitze weggebrannt, schade das oft der Folie. Und die Umweltschützer sehen noch einen weiteren Nachteil: Im Sommer heitzen sich die Steine sehr auf, darunter leide die Luftqualität in den Städten.

Es geht pflegeleicht und umweltfreundlich

Dabei sei es möglich, einen umweltreundlichen und pflegeleichten Vorgarten anzulegen. Das geht zum Beispiel mit Stauden als Bodendecker. Da reiche ein Schnitt im Jahr, heißt es von den Umweltverbänden. Eine Alternative ist ausgestreuter Rindenmulch im Beet. Er sorge dafür, dass weniger Unkraut aus dem Boden wächst. Ingesamt ist laut Experten ein grüner Garten nicht nur Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen, er sorge auch für kühlere Luft. Außerdem ist er ein Ort, an dem auch Menschen sich gerne aufhalten und erholen.

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